Bauverstoß melden und prüfen – so läuft es mit der Gemeindepolizei
Wer kontrolliert, wie die Ortsbegehung abläuft und welche Folgen drohen – kompakt erklärt für Käufer:innen und Eigentümer:innen.
Warum dieses Thema wichtig ist
Bauverstöße („abusi edilizi“) sind in Italien keine Seltenheit – und sie können beim Immobilienkauf teuer werden. Dieser Beitrag erklärt verständlich, wer Kontrollen durchführt, wie Sie einen möglichen Verstoß melden, wie eine Ortsbegehung (sopralluogo) abläuft und welche Maßnahmen die Behörden ergreifen können. So gewinnen Sie Sicherheit für Ihren Immobilienkauf in Italien und für den rechtssicheren Bestand Ihrer Immobilie.
Was gilt als Bauverstoß?
Ein Bauverstoß liegt vor, wenn Arbeiten ohne erforderliche Genehmigung, in Abweichung von einer erteilten Genehmigung oder entgegen bindenden Schutzvorschriften (z. B. Landschafts‑, Umwelt‑ oder Erdbebenschutz) ausgeführt werden. Rechtsgrundlage ist u. a. der einheitliche Baugesetzestext (D.P.R. 380/2001).
Wer kontrolliert? Zuständigkeiten von Gemeinde, Region und Aufsichtsbehörden
Die Hauptverantwortung für die Bauaufsicht liegt bei der Gemeinde. Der/die Leiter:in des technischen Amtes überwacht die Bautätigkeit (Art. 27 D.P.R. 380/2001) – gestützt auf Feststellungen der Gemeindepolizei. Daneben können andere Ordnungskräfte (z. B. Carabinieri, Forst‑Carabinieri) einbezogen werden, insbesondere bei Verstößen in Schutzgebieten. Ist die Gemeinde untätig, können die Regionen Ersatzbefugnisse ausüben (Art. 31). Bei Objekten von kultur‑ oder landschaftlichem Interesse können Aufsichtsbehörden (Soprintendenze) tätig werden.
So veranlassen Sie eine Kontrolle: Bauverstoß melden (esposto)
Jede Person kann einen mutmaßlichen Bauverstoß melden – bei der Gemeindepolizei oder dem technischen Amt der Gemeinde. Die Anzeige sollte schriftlich erfolgen und möglichst enthalten: genaue Adresse, Beschreibung der Arbeiten und warum sie rechtswidrig erscheinen, Belege (Fotos, Dokumente). Anonyme Anzeigen sind in der Regel unwirksam; bei strafrechtlicher Relevanz verlangt Art. 333 StPO die Angabe der Personalien. Viele Gemeinden bieten Online-Formulare oder die Übermittlung per zertifizierter E-Mail (PEC) an.
Ortsbegehung: Ablauf und Betretungsrechte
Nach Eingang der Meldung prüft die Gemeindepolizei den Sachverhalt, sichtet Genehmigungsunterlagen und führt bei Bedarf eine Ortsbegehung durch. Als Justizpolizei kann sie Inspektionen vornehmen (Art. 348 StPO). Die Wohnung ist allerdings verfassungsrechtlich geschützt (Art. 14 Verf.): Ein Betreten ist grundsätzlich nur mit Einwilligung der/des Eigentümer:in oder mit richterlicher/staatsanwaltschaftlicher Anordnung zulässig. Bei offenkundigen, von außen sichtbaren Verstößen können Feststellungen auch ohne Betreten erfolgen.
Ergebnisprotokoll und weitere Schritte
Die Feststellungen werden in einem Protokoll dokumentiert (u. a. Daten der Verantwortlichen, Beschreibung des Verstoßes, mögliche Bindungen). Das Protokoll geht an das technische Amt; bei Straftatverdacht auch an die Staatsanwaltschaft. Bei laufenden Arbeiten kann die Gemeinde eine sofortige Aussetzung verfügen.
Mögliche Maßnahmen und Sanktionen
Je nach Schwere kommen in Betracht: (1) Stilllegung der Arbeiten, (2) Abriss rechtswidriger Bauteile und Wiederherstellung des Ursprungszustands, (3) Beschlagnahme der Baustelle, (4) Verwaltungsstrafen. Bei minderschweren Verstößen ist mitunter eine Legalisierung möglich; Kosten und Voraussetzungen variieren je nach Fall. Strafrechtlich drohen – etwa nach Art. 44 D.P.R. 380/2001 – Geld- oder Freiheitsstrafen, insbesondere bei Bauten ohne Genehmigung in Schutzgebieten.
Worauf Käufer:innen achten sollten – Italien‑Immobilien kaufen ohne böse Überraschungen
Vor Kaufabschluss empfiehlt sich eine gründliche Due Diligence: Abgleich von Bestand und genehmigten Plänen, Einsicht in Bau- und Katasterunterlagen, Prüfung von Schutzbindungen sowie etwaiger früherer Buß- oder Abrissverfügungen. So lassen sich Risiken kalkulieren und Sanierungspflichten vermeiden – ein zentraler Baustein für einen sicheren Immobilienkauf in Italien.
Ortsbegehung: Ablauf und Betretungsrechte
- Kann ich anonym melden?
In der Regel nein; mit belastbaren Belegen können Behörden ausnahmsweise trotzdem prüfen. - Darf die Polizei einfach ins Haus?
Nur mit Einwilligung oder Anordnung; Außensachverhalte können auch ohne Betreten dokumentiert werden. - Was passiert nach der Begehung?
Protokoll ans technische Amt, ggf. Aussetzung der Arbeiten, weitere Maßnahmen je nach Befund. - Ist eine Legalisierung möglich?
Bei geringeren Abweichungen teils ja, ansonsten Abriss- und Wiederherstellungspflichten.
Fazit
Bei Bauverstößen in Italien agieren Gemeinde und Gemeindepolizei mit klaren Zuständigkeiten und abgestuften Maßnahmen. Wer eine Unregelmäßigkeit vermutet oder als Käufer:in Risiken ausschließen möchte, sollte strukturiert vorgehen und frühzeitig fachkundigen Rat einholen.
Rechtlicher Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine Rechtsberatung. In Einzelfällen beraten wir Sie gern zu italienischem Immobilienrecht und begleiten Ihre Due Diligence.